Mittwoch, 6. Oktober 2010

Verkehrspolitische Bewertung der Mittelrheinbrücke Wellmich-Fellen - Teil 1

Rolf Daum, St. Goarshausen

Mittelrheinbrücke als kommunale Verbindung oder Zuordnung nach dem Landesstraßengesetz als Landesstraße 1.Ordnung in der Trägerschaft des Landes“

Zielvorgabe

Nach den Überlegungen der Landesregierung, dies auch in Absprache mit dem Rhein-Lahn-Kreis und dem Rhein-Hunsrück-Kreis, besteht die Absicht, dass eine feste Rheinquerung, Mittelrheinbrücke, zwischen St.Goarshausen/Wellmich und St.Goar/Fellen geplant und gebaut werden soll.

Nach den bisherigen Aussagen ist die Zielvorgabe, dass es sich hierbei um eine kommunale Infrastrukturmaßnahme handelt. Dies ist der politische Wille, zumal die UNESCO anlässlich ihrer Sitzung im Juli/August 2010 in Brasilien zur Entscheidung gekommen ist, dass in diesem Teilabschnitt zwischen Rheinkilometer 559 und 560 die kulturellen Vorgaben und Wertigkeiten von untergeordneter Bedeutung sind, so das Gutachten von Prof. Wachten, RWTH Aachen, und an dieser Stelle eine feste Rheinquerung unter Beachtung vieler Auflagen möglich sein könnte.

Das Land Rheinland-Pfalz hat aber, so ist es aus der Gesamtdarstellung und Bewertung der UNESCO zu entnehmen, weitere umfangreiche „Hausaufgaben“ zu erledigen, bevor endgültig „grünes Licht“ für die Mittelrheinbrücke gegeben werden kann.

Nach dem derzeitigen Stand (2010) ist es weiterhin die Zielvorgabe der Landesregierung, die Brücke in der Trägerschaft der Kommunen bauen zu lassen und die Gesamtkosten mit einem Zuschuss an die Kreise zu finanzieren. Offen ist dabei, wie hoch nach den derzeitigen Planungen die Gesamtkosten sein werden und mit welchem Kostenanteil das Land die Mitfinanzierung garantiert.

Im Rahmen des Architektenwettbewerbs 2009 wurde an das Büro Heneghan Peng Architekten in Dublin der 1. Preis vergeben, ein Modell, die sogenannte „S-Brücke“, das als tragbare Verkehrsverbindung in der Mittelrheinregion auch der UNESCO in Brasilien vorgestellt wurde. Bei Rheinkilometer ca. 559,4 muss die Brücke eine freie Durchfahrtshöhe (untere Brückenkante) von mindestens 9,10 Meter über der Hochwassermarke II Pegel Kaub von 6,40 Meter haben. Da die B42 in Wellmich bei einem Pegelstand Kaub von 7,00 Meter uberflutet ist, hat dies zur Folge, dass die freie Durchfahrtshöhe mindestens bei 8,50 bis 8,90 Meter über dem Verlauf der B42 liegen muss; somit die Fahrbahnhöhe der Brücke geschätzt zwischen 10,00 und 11,00 Meter über dem Verlauf der Bundesstraße. Auffallend ist allerdings, dass das Gutachten Cochet Consult Bonn und GVS Hannover von einer Höhe von 9,50 Meter Brückenunterkante spricht. Diese Differenz zu den Vorgaben der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung wäre abzuklären.

Die Folge ist, dass nach den allgemeinen Vorgaben die Brückenzufahrt mit einer Steigung von 6 bis 7% rechtsrheinisch eine Vorlandbrücke von rd. 150 bis 160 Meter erforderlich macht und diese sich in einem Winkel von 90 Grad an die tatsächliche Flussquerung anschließt.

Dies ist nach persönlicher Einschätzung ein großer und unverantwortlicher Eingriff in die Landschaft im Mittelrheintal.

Aus den Planunterlagen des irischen Büros in Dublin und folgerichtig auch aus der Kalkulation ist nicht zu erkennen, ob diese vorgegebene Brückenhöhe beachtet wurde. Die Detailzeichnungen und die Kostenkalkulation waren mit den beiden anderen Preisträgern Platz 2 und 3 im Internet im Jahr 2009 veröffentlicht. Leider stehen diese wichtigen Informationen im Internet nicht mehr zur Verfügung. Allerdings konnte ich die Kostenkalkulation dokumentieren, vor allem die Bruttokosten der Brücke ohne die gesamten Baunebenkosten. Auf diese Tatsache hat das Planungsbüro Heneghan Peng Architekten in Dublin auf der letzten Seite ihrer Kostenkalkulation ausdrücklich aufmerksam gemacht.

Die Kostenkalkulation des Preisträgers aus Irland zeigt, dass die Brücke in "S-Form" nach dem derzeitigen Stand folgende Investitionskosten verursacht:

Nettokosten der Brücke insgesamtca.40.000.000 €
Zuzüglich Mehrwertsteuer, die nicht eingerechnet warca.7.600.000 €
Bruttobetrag der reinen Brückenkosten ohne Baunebenkostenca.47.600.000 €
Zuzüglich Grunderwerb und die sonstigen Baunebenkosten, geschätzt 15% aus 40 Mio.€ = 6 Mio.€ + 19% Mwst. zusammenca.7.140.000 €
Somit die Gesamtkosten - Stand 2009 - für die "S-Brücke"ca.54.740.000 €
Somit liegen nach dem derzeitigen Stand die Gesamtkosten beird.55.000.000 €

Bisher wurde allerdings in der Presse immer wieder nur von 40 Mio. € gesprochen. Die Mehrwertsteuer von 7,6 Mio. € wurde "übersehen" und auch die Baunebenkosten von geschätzten 7,14 Mio. € blieben bisher aus der Diskussion heraus.

Es ist sicherlich realistisch davon auszugehen, dass die jährlichen Folgekosten für den Bauträger/letztlich den Steuerzahler mit Zinsen, Tilgung, Energiekosten, Technischer Wartung, Winterdienst, finanzielle Rückstellungen und laufende Reparaturen im Zusammenhang mit der Investition bei ca. 12% jährlich = 6,6 Mio. € liegen. Diese jährlichen finanziellen Belastungen würden, sofern die Kommunen Bauträger werden, mit Ausnahme der Zinsen und Tilgungsleistungen für den Landeszuschuss, die beiden Mittelrheinkreise zu tragen haben und in der Folge über die Umlagen die Städte und Gemeinden belasten. Auffallend war und ist, dass andere Brückenmodelle, die im Internet dargestellt wurden, in vergleichbarer finanzieller Größenordnung kalkuliert sind. In der Regel zwischen netto 36 und 38 Mio. € + aktueller Mehrwertsteuer + die gesamten Baunebenkosten. In sofern ist es unrealistisch, immer wieder von 40 Mio. € in der Presse zu berichten.

Quelle: September 2010, Rolf Daum St.Goarshausen