Donnerstag, 20. Oktober 2011

Rodeln und Jodeln auf der Loreley

Leserbrief zum Artikel Ministerien sind gegen Rodelbahn und dem Kommentar von Herrn Wakulat „Einschätzung ist falsch“ vom 22.09.2011

Eine Sommerrodelbahn auf der Loreley – und die Rhein-Lahn-Zeitung rutscht mit. Noch nie hat man sich dem topographischen sowie fachlichen Tiefpunkt rasanter genährt als mit dem Kommentar von Herrn Wakulat zur Notwendigkeit der Sommerrodelbahn auf dem Felsen. Eine Sommerrodelbahn hat auf der Loreley überhaupt nichts zu suchen!
Mit der Rodelbahn soll die Verweildauer erhöht werden? Wieviele Stunden sollen die Kinder und Eltern, die in einem richtigen Freizeitpark Dutzende spannendere Attraktionen an einem halben Tag erleben können, den Hang denn herunterrutschen? Das vielfältige Angebot des Besucherzentrums hält Familien und Kinder jetzt schon länger in der Region als eine Rodelbahn. „Sanfter Tourismus“ ist nach Meinung von Herrn Wakulat etwas für „eingeschlafene Füße“? Da möchte ich dem Journalisten doch mal eine Rheinsteig-Etappe empfehlen, das fördert nicht nur die Durchblutung in den Füßen, sondern erfrischt auch den Geist. Hierbei kann man sanften Tourismus in seiner Höchstform erleben. Und genau das will auch das Land. Müssen die Rheinsteig-Wanderer in Zukunft an grölenden Rodlern auf dem Plateau entlanglaufen, denn so liegt ja der geplante Bauplatz? Oder sollte man den Rheinsteig dann doch besser in den Hintertaunus verlegen, damit die vermeintliche Megalaune der Kids nicht durch die Anwesenheit alternder Wanderer getrübt wird? Dass kann doch nicht gemeint sein, wenn Herr Wakulat „Aktion und Erholung“ in Einklang bringen möchte. Und außerdem: Welch eine respektlose, abgezockte Haltung gegenüber unseren Gästen kommt da eigentlich zu Tage, wenn Herr Wakulat davon spricht, mit der Rodelbahn habe man die Möglichkeit, das „volle Portemonnaie in der Hosentasche“ der Familien auf der „Loreley entleeren“ zu wollen. Richtig, so bringt man Tourismus auf die Ebene von Taschenspielertricks. Und dann noch dieses ewige Schlechtreden der Region: In keine Landschaft hat das Land in den letzten Jahren mehr investiert, ob Jugendherberge Kaub, Radwege, Gartenschauen – die Liste ist endlos. Wo soll hier die „miefige Käseglocke“ sein, die alles erstickt?

Das Motto des Mittelrhein-Forums war einmal: „Eine Region besinnt sich auf ihre Stärken“. Zu diesen Stärken gehören z. B. die neuen Klettersteige in Oberwesel, Nochern und Boppard. Das angeleitete Klettern für Familien boomt, damit geht es bergauf! Wer Qualität möchte, muss viele Konzepte entwickeln und diese passgenau auswählen können. Wer eine gute Idee haben will, muss viele Ideen haben. Die Schnapsidee der Sommerrodelbahn ist eine katastrophale Schwächung im Herzen der Region, auf der Loreley. Damit geht es bergab. Die Sommerrodelbahn liegt auf dem Plateau wie auf dem Präsentierteller und zerstört das Landschaftsbild. Sie wird eine große Zielgruppe unserer Gäste, die eine ruhige und unzersiedelte Landschaft suchen, mächtig nerven. Zudem wird sie wirtschaftlich unbedeutend sein und keinen einzigen qualifizierten Arbeitsplatz schaffen. Sie hat mit einem mittelrheintypischen Erlebnistourismus nichts gemeinsam. Dann kann man auch Jodelkurse im Besucherzentrum anbieten.

Dirk Melzer, Landschaftarchitekt; Kaub/Köln