Mittwoch, 23. Februar 2011

Studie über Fähren: M.A. gibt Prof. Dr. Kontra

Mittelrhein - Brücke oder Fähre. Die Frage ist am Mittelrhein noch längst nicht geklärt. Befürworter und Gegner einer Brücke bezweifeln die Glaubwürdigkeit der jeweiligen Argumente der Gegenseite.

Die Autofähre zwischen St. Goar und St. Goarshausen gehört zu den leistungsstärksten Fähren im Mittelrheintal. Beim Bau einer Brücke würde sie ihren Geist aufgeben.
Foto: E. Greiff-Gossen

„Das Aktionsbündnis gaukelt mit der Studie wissenschaftliche Autorität vor.“ Dieses Geschütz fährt die Landesregierung gegen das am Freitag in Boppard präsentierte Gutachten der Gegner einer Mittelrheinbrücke auf. Es kommt zum Ergebnis, dass die Fähren, wenn sie optimiert würden, die Probleme der Verkehrsinfrastruktur im Welterbe besser lösen können als eine zentrale Brücke zwischen St. Goar-Fellen und St. Goarshausen-Wellmich. Fakt ist, dass sich Andreas Thiemer, Autor der Studie „Das Fährwesen und seine Perspektive im Unesco-Welterbe Oberes Mittelrheintal“ bei dem 202 Seiten umfassenden Werk auf seine Magisterarbeit bezogen hat. Fakt ist zudem, dass das Deckblatt der vom Rheinischen Verein beauftragten Studie den Schluss nahelegt, es handele sich bei der Publikation um ein wissenschaftliches Gutachten der Uni Koblenz. Unter „Autor“ ist vermerkt: Andreas Thiemer M.A., Universität Koblenz-Landau, Institut für Integrierte Naturwissenschaften, Abteilung Geographie. Außerdem heißt es in der Einladung zum Pressegespräch des Aktionsbündnisses Welterbe Oberes Mittelrheintal am vergangenen Freitag im Bopparder Hotel Bellevue, das Gutachten sei „im Auftrag des Rheinischen Vereins an der Universität Koblenz erarbeitet“ worden.

„Herr Thiemer war nie Mitarbeiter unserer Universität“, stellte am Dienstag Birgit Förg, Leiterin des Referats Öffentlichkeitsarbeit der Uni Koblenz, auf Anfrage unserer Zeitung klar. „Er hat seine Magisterarbeit bei uns verfasst und ist noch bis zum 31. März immatrikuliert.“ Die Universität verwahre sich gegen die Darstellung, die Universität Koblenz-Landau sei an der Studie in irgendeiner Form beteiligt gewesen. Für das Wirtschaftsministerium ist es ein gefundenes Fressen, dass ausgerechnet ein Student den Nachweis erbringen will, dass der Ausbau des Fährverkehrs sinnvoller sei als der Bau einer Brücke. Dem stellt Mainz die „hoch qualifizierte Arbeit“ des „international anerkannten Verkehrswissenschaftlers“ Prof. Dr. Dirk Valée von der RWTH Aachen gegenüber, die zum Ergebnis kommt, eine Brücke stelle die wirtschaftlich günstigste Lösung dar. Für Staatssekretär Siegfried Englert bleibt es ein Rätsel, wie man ein solches Gutachten anzweifeln kann.

Erhebliche Zweifel am Gutachten der RWTH Aachen, das von der Landesregierung in Auftrag gegen und dem Unesco-Welterbekomitee im Juli 2010 in Brasilia vorgelegt wurde, führen namhafte Verbänden aus den Bereichen Natur-, Landschaftsschutz und Kulturpflege ins Feld, darunter der Rheinische Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, Europa Nostra, die Deutsche Burgenvereinigung, die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Icomos und das Europäische Burgeninstitut. Deren Vertreter gehen mit dem Gutachten der TH Aachen hart ins Gericht.

Es sei voller handwerklicher Fehler und nichts weiter als ein Gefälligkeitsgutachten, sagte Alexander Fürst zu Sayn-Wittgenstein von Europa Nostra bei der Veranstaltung in Boppard. Norbert Heinen vom Rheinischen Verein, Auftraggeber der Studie über das Fährwesen, ist vom Inhalt der wissenschaftlichen Arbeit von Andreas Thiemer überzeugt. „Wir haben nie behauptet, es handele sich dabei um ein Gutachten der Universität Koblenz-Landau“, weist Heinen gegenüber unserer Zeitung die Vorwürfe aus Mainz zurück.

Das Gutachten von Andreas Thiemer war nur ein Aspekt in Boppard. Der Kostenfaktor wurde in der Studie überhaupt nicht angesprochen. Das tat die Bürgerinitiative Rheinpassagen. Sie legte ein Papier vor, wonach der Einsatz von drei Fähren rund um die Uhr im Jahresdurchschnitt um etwa eine Million Euro kostengünstiger sei als eine Brücke.

Zur Sprache kam auch der Aspekt „Bürgerbeteiligung“. Mit Unverständnis reagierte Heinen auf die Absicht der Landesregierung, dass sich die Bürgerbeteiligung auf die Kreise Rhein-Hunsrück und Rhein-Lahn beschränken soll. Die Bevölkerung im gesamten Unesco-Welterbe Mittelrheintal müsse eingebunden werden, forderte Heinen.

Quelle: Rhein-Zeitung - 2011-02-22